Nachdem die Bomben in ihrer Heimat einschlugen und viele Teile des Landes zerstörten, musste sie die Ukraine verlassen. Im April 2022 erhielt sie einen Platz an der UZH, um ihr Studium in Physik weiterführen zu können. Seither lernt sie auch fleissig Deutsch, weshalb es ihr wichtig war, ihre Geschichte in Deutsch zu erzählen.
Wieso hast Du Dich entschieden, fortzugehen?
Nachdem der Krieg in der Ukraine ausgebrochen ist, haben meine Eltern entschieden, dass es besser für mich ist nach Europa zu gehen.
Kannst Du Dich noch an den Tag erinnern, an dem Du fortgegangen bist?
Ja, es hat geregnet und es gab viele Bomben – es war sehr laut an diesem Tag. Es war sehr stressig für mich. Ich dachte nicht, dass ich 20 Jahre alt bin, sondern irgendwie 50 Jahre alt. Ich konnte es physisch und mental fühlen – es war sehr stressig.
Ich habe 50 Stunden an der Grenze zu Polen gewartet, bis ich weiter gehen konnte. Das war sehr schwierig, aber ich denke, es ist schwieriger für die Menschen in der Ostukraine, da sie nicht nach Polen kommen können. Aber ich konnte es machen.
Kannst Du Dich noch an den Tag erinnern, an dem Du fortgegangen bist?
Wie bist Du in die Schweiz gekommen und was hast Du mitgebracht?
Ich bin mit dem Flugzeug gekommen. Freunde von meinen Eltern haben dafür bezahlt. Es war einfacher so zu kommen, weil die Züge nur nach Deutschland fahren und erst danach in die Schweiz. Es war zu kompliziert und ich bin noch nie Zug gefahren in Europa. Es war für mich zu stressig: kein Wifi oder kein mobiles Internet und es war zu kompliziert. Es war einfacher mit dem Flugzeug zu kommen.
Warum hast Du Dich für die Schweiz entschieden?
Ich habe sehr viele E-Mails geschrieben, an alle Universitäten auf der Welt vielleicht. Sehr viele in den USA, in Europa und die UZH hat mir innerhalb von, glaube ich, 3h eine Antwort gegeben. Sie fragten mich, ob ich ihnen meine Noten senden könnte, was ich dann tat und am nächsten Morgen gaben sie mir schon Bescheid, dass ich kommen und mein Studium weiterführen kann. Ich war sehr überrascht und es war wirklich sehr schön. Ich begann direkt mit Deutsch lernen und nach Flugtickets zu schauen.
Warum hast Du Dich für die Schweiz entschieden?
Welche Erwartungen hattest Du an die Schweiz?
Ich hatte Angst, sehr grosse Angst, dass es hier sehr teuer sein wird. Und ich dachte, dass ich vielleicht keinen Status S haben werde und was bedeutet der Status S überhaupt. Wir hatten das nie und niemand konnte erklären, was das bedeutet. Ich wusste nicht, ob ich Geld bekommen werde, deswegen war ich etwas arbeiten.
Ich habe online unterrichtet in Physik, Englisch und Mathematik, aber das war die ersten zwei Monate wirklich schwierig. Ich wusste, dass es wahrscheinlich schwierig werden wird, aber danach hat mir die Gemeinde sehr viel geholfen und es war besser als ich erwartet hatte.
In der Ukraine sitzen wir am Ende vom Tag zusammen, Freunde und Familie, und reden über den Tag, während wir Tee trinken und Kuchen essen.
Wie waren Deine ersten Eindrücke von der Schweiz als Land?
Es ist mega schön hier. Weil in der Ukraine haben wir mehr so «grau», denke ich, und viele Leute sind immer in Eile, rennen und so. Und hier sind die Leute sehr ruhig und das Land ist sehr schön. So die Berge, die sind mega schön und es hat sehr viel Sonne. Für mich war das sehr entspannend, als ich in die Schweiz gekommen bin, weil es sehr sonnig war. Es hat nicht geregnet und es war warm. Das war etwas Ruhe für mich – auch mental.
Wie waren Deine ersten Eindrücke von der Schweiz als Land?
Wie haben die Schweizer:innen auf Dich reagiert?
Ich wurde sehr herzlich empfangen, als ich meinen ersten Tag an der UZH hatte und habe so viele Freund:innen gefunden.
Fühlst Du Dich hier zu Hause?
Ich wohne jetzt seit einem Jahr hier und fühle mich hier zu Hause, dass es mehr wie ein Heimatland geworden ist. Aber es gibt so einen kleinen Teil, der kann nicht hier sein, weil es das nur in der Ukraine geben kann. Deswegen wird die Ukraine immer etwas mehr mein Heimatland sein, als hier. Aber jetzt fühle ich mich hier normal und vor einem halben Jahr konnte ich das noch nicht fühlen. Das war zu stressig, ich konnte noch nicht gut Deutsch verstehen und es war zu kompliziert. Ich dachte, dass ich zurückgehen werde. Das der Krieg nicht so stressig ist, wie hier, wo sehr viele neue Sachen auf mich zugekommen sind.
Ich konnte meine Eltern für ein Jahr nicht sehen und als sie mich für ein paar Tage hier besuchen konnten, freute ich mich sehr. Ich habe 20 Jahre lang mit meinen Eltern gelebt, zuletzt in meiner eigenen Wohnung, aber ich konnte immer zu ihnen gehen – für ein Wochenende, Weihnachten oder Ostern. Das war immer schön, aber das kann ich jetzt nicht mehr machen. Und das ist so etwas, was es jetzt nur in der Ukraine gibt.
Fühlst Du Dich hier zu Hause?
Gab es Ereignisse und/oder Personen, die es Dir schwerer oder leichter gemacht haben, Dich in der Schweiz zuhause zu fühlen?
Ich hatte vielleicht ein bisschen mit Vorurteilen zu kämpfen, weil viele Menschen in Europa denken, dass die Leute in der Ukraine nichts haben. Ich bin mit meinem iPhone hierher gekommen und die Leute waren überrascht: «Du hast ein iPhone?! Ich dachte, die Leute in der Ukraine können sich das nicht kaufen.» Das war ein bisschen komisch für mich, aber ja, es war nur das, denke ich. Die Menschen haben vielleicht nie etwas über die Ukraine gehört und dachten, es wäre ein Drittweltland.
Was ist Deine schönste Erinnerung an Deinem Leben hier in der Schweiz?
Was würdest Du heute anders machen, wenn Du jetzt in die Schweiz kommen würdest?
Vielleicht mehr Deutsch lernen. Ja, ich war ein bisschen faul, manchmal. Ich wollte nicht lernen, aber ja, das würde ich vielleicht machen – mehr Deutsch lernen.
Hast Du fragen oder Anmerkungen, dann schreib mirungeniert!